Die deutschen Lutheraner in Stellenbosch und auf den Farmen um Stellenbosch gehörten früher zu den Gemeinden St Martini, Kapstadt, Philippi oder Paarl. Zur Vorgeschichte und zu den ersten Jahren unserer Gemeinde gehört der Deutsch-Afrikanische Frauenbund Stellenbosch. Er wurde auf Grund einer Initiative von Frau Lilly Friedlaender, der Gattin des Professors für Deutsch an der Universität, Ernst Friedlaender, gegründet. Sie lud 1921 Frau Marian Marloth (geb van Wyk, vor ihrer Heirat mit Rudolf Marloth, dem berühmten Botaniker, Lehrerin an Bloemhof in Stellenbosch) nach Stellenbosch ein zu einem Gespräch mit deutschen Damen. Auf Grund dieses Gespräches beteiligten die Damen sich an den Aktivitäten des Frauenvereins von St Martini, u.a. mit einem Tisch beim jährlichen Basar von St Martini. Dort sammelten sie Geld ein für das TB-Sanatorium in Stellenbosch, für die Kindersorg und andere Wohltätigkeitsorganisationen. (Diese Information aus einem späteren wertvollen Überischtsbericht von Frau Ada Herre.)
Schließlich beschlossen die Damen 1928 eine eigene Organisation, den Deutsch-Südafrikanischen Frauenbund Stellenbosch, zu gründen. Frau Friedlaender wurde Vorsitzende. Von 1928 an gibt es denn auch Protokolle von ihren Versammlungen. In der Regel trafen sich die Damen monatlich, meist in Privathäusern, manchmal aber auch im Murraysaal, der Ruskamer oder der Hulda de Wet-Gebedskamer im alten CSV-Gebäude (wo die ABSA Bank heute steht) oder auch im Uitspan-Kafee im gleichen Gebäude. Einige Damen halfen jeweils der Gastgeberin mit Vorbereitungen und Gebäck.
1929 hatte der Frauenbund 29 Mitglieder. In den Protokollen, die sich im Archiv von Die Stellenbosse Heemkring befinden, erscheinen viele interessante Namen, von denen einige hier erwähnt werden. Für die Älteren unter uns wird mancher Name Erinnerungen wecken. Es waren da: Frau Lilly Friedlaender, Frau Perold in ihrem Haus Ecke Neethling- und Murraystraat (sie war die zweite Frau von prof A I Perold und ist später als Frau Walters im Alter von 105 Jahren in Azaleahof gestorben), Frau Reitz (Gattin von Dr Reitz in Van Riebeeckstraat neben der Presbyterianischen Kirche), Frau Weber (Gattin des Rheinischen Missionars Weber), Frl Schloemann (Berliner Missionarstochter und Jahre lang Matrone vom Denneoord-Koshuis), Frau Hanefeld (Gattin eines Rheinischen Missionars), Frau Andrag (geb Biesenbach), ihre Stiefmutter, Frau Biesenbach (Gattin eines Rheinische Missionars), Frau Feige (Gattin eines Rheinischen Missionars in Stellenbosch), Frl Hahn, Frau Radloff (geb Hahn), Frl Johanne Clüver (Tochter von Pastor Friedrich Clüver von Kingwilliamstown und Schwester von dem Rechtsanwalt Albert Clüver, von dem wir übrigens das Grundstück kaufen konnten, auf dem unsere Kirche steht), Frau Herre, Dr Erika Markötter, Frau Donald (von De Vosstraat, Schwester von Dr Karl Bremer), Frl Kupferbürger (Rheinische Missionarstochter), die Damen Hickel (eine Herrnhuter Missionsfamilie), die Ärztin Frau Dr Lydia Blersch (erstes Grab auf unserem Friedhof; sie war die Gattin vom Stadsklerk Walther Blersch) und ihre Mutter, Frau Hohrath, außerdem Frl Baginski, Frl Martini, Frau Eiselen, Frau Gümpel, Frl Robra (die spätere Frau Steinwender), Frau Wesener, Frau Meyer, Frau Wirth, Frau Canitz, Frau Wilcocks (Gattin des Universitätsrektors Prof R W Wilcocks) und ihre Mutter Frau Zerffi, und Frau Grosskopf (Witwe des Berliner Missionars Grosskopf senior) mit ihren Töchtern Clärchen und Mariechen.
Erste Zielsetzung des Frauenbundes war die Sammlung von Geldern für das Deutsche Waisenheim in Philippi auf der Vlakte. Im Mai 1928 besuchten sie das Waisenheim. Von den 62 Schilling, die sie eingesammelt hatten, wurden zwei Pfund (also 40 Schilling) für die Miete einer “lorrie” (!) für ihren Transport gebraucht, mit 10 Schilling wurden Geschenke für die Kinder gekauft und mit den übrigen 11 Schilling wurde ein Fond für das Waisenheim gegründet.
1937 wurde der neue “Deutsche Friedhof” am Papegaaiberg, der 1936 zum ersten Mal in den städtischen Akten erwähnt wird, auf Initiative des Frauenbundes eingezäunt.
Aber auch kulturelle Aspekte wurde berücksichtigt. So gab z. B. eine neue Gesangsdozentin am Konservatorium, Frl Margarete Wandelt, am 7. März 1928 ein Konzert auf einer der Versammlungen. Frl Wandelt wurde gebeten einen Frauenchor zu gründen, der manchmal auch in den gelegentlichen Gottesdiensten in Stellenbosch gesungen hat. Außerdem gab es Vorträge von Prof Friedlaender, Dr John Hoge von der Deutschabteilung an der Universität, Herrn Herre u.a. Den Vortrag auf der letzten Versammlung vor dem Zweiten Weltkrieg hielt Dr Anton Obholzer vom Departement Ligaamlike Opvoeding an der Universität. (Er war Österreicher und ab 1937 Nachfolger des ersten Leiters dieser Abteilung, Dr Ernst Jokl. Beide waren Mediziner. Nach Jokls Namen sagten die Studenten in dieser Abteilung früher sie studierten “Jokl”.) Obholzers Thema war: “Was kann und darf die Frau zur Erhaltung der schlanken Linie tun?” (!)
Auch um die deutschen Studenten in Stellenbosch hat sich der Frauenbund gekümmert. So wurde 1929 ein Ausflug auf den Papegaaiberg veranstaltet, an dem an die 200 Personen teilnahmen.
Die immer eifrige Gründerin, Frau Lilly Friedlaender, starb unerwartet am 18. November 1931. Das war ein harter Schlag, aber der Frauenbund existierte weiter. Bemerkenswert ist, dass die zweite Gattin von Prof Friedlaender, Frau Aenne Friedlaender, die am 7. November 1934 zum ersten Mal bei einem Treffen anwesend war, kurz darauf wieder eine Trägergestalt des Frauenbundes wurde.
Während des Zweiten Weltkrieges musste der Frauenbund wie so viele andere deutsche Organisationen seine Tätigkeit einstellen. Nach dem Krieg erhob sich der Frauenbund 1945 laut Frau Herres Bericht “wie ein Phoenix aus der Asche”. Auf der ersten Versammlung wurde der Name geändert in Deutsch-Afrikanischer Frauenbund Stellenbosch. In den nächsten Jahren setzte sich der Frauenbund vor allem ein für Notlinderung im verwüsteten Deutschland. Sach- und Geldspenden wurden gesammelt, Basare wurden gehalten und Kisten und Pakete mit Esswaren, Kleidern und anderen nötigen Sachen wurden nach Deutschland geschickt. Der Frauenbund wurde auch “korporatives Mitglied” des Deutsch-Afrikanischen Hilfsausschusses (DAHA), einer registrierten Wohlfahrtsorganisation mit Hauptbüro in Pretoria, die buchstäblich hunderttausende von Kisten und Paketen nach Deutschland geschickt hat. Der Frauenbund bekam dafür auch viel Unterstützung aus der afrikaansen Gemeinschaft in Stellenbosch.
Es war üblich, dass einige Frauenbundmitglieder mit Sammellisten in die Geschäfte gingen. (Dieser Brauch wurde auch noch einige Jahre lang fortgesetzt, als ein Basarkomitee der Gemeinde den Basar organisierte, zu meiner großen Erleichterung dann aber abgeschafft!)
Viele neue Namen erscheinen nach dem Krieg in den Protokollen, meistens als Mitglieder, manchmal aber auch als Gäste. Hiermit einige der Namen: Frau Heydorn (die oft Vorsitzende war), die Damen Holtz, Straszacker, Strey, Wenhold, Steinmann, Baumgartner, De Vynck, Wirth, Anna Malherbe, Burmester, Wiechmann (Schwester von Dr John Hoge von der Deutschabteilung an der Universität), Trümpelmann, Gerlint Haller, Leemann, Ingrid Papendieck (ab 1951 Frau Friedlaender), Frl Möller (Haushälterin bei Scholls, Ecke Thibault- und Du Plessisstraat in Mostertsdrift), Dr Tormann, Frau Heuer, Frau Ottermann, Frau Schwietering, Dr Thiele und Frau Reuter (Gattin des Rheinischen Missionars Reuter).
Die Organisation des jährlichen Basars im Bankettsaal der Stadthalle, die Adventsfeiern und Weihnachtsverkäufe kosteten viel Zeit. Nebst dem üblichen Gemüse und den Fleischwaren, die gestiftet wurden, bekam der Frauenbund von Frau Wildners Geschäft “Nerina” in Ryneveldstraat Stoffe für Schürzen, die zum Verkauf genäht wurden. Auch Zutaten zum Backen und Wursten und für das Mittagessen wurden gespendet. Hier als Beispiel eine Liste der Personen, von denen 1960 Eier für die Kuchenbackerei erbeten wurden: Heins von De Clapmuts, Canitz von Muratie, Von Carlowitz von Uitkijk, Andrag von By-den-Weg, Von Wechmar von Wechmarshof, Hoheisen von Delheim, Wirth von Nooitgedacht und Flockemann von Lorraine.
Die Planung des Mittagessens erforderte immer viele Diskussionen. Soll es Kartoffelsalat und Würstchen sein oder Gulasch und Reis oder vielleicht Erbsensuppe mit Räucherwurst? Einer von den frauenbundeigenen großen Töpfen mit Erbsensuppe hat in irgend einer Küche in der Nacht vor einem Basar angefangen zu gähren, mit weniger angenehmen Folgen. Am Abend des Basartages wurde im Rec-Kino in Pleinstraat ein Film von Verdis Oper Aïda gezeigt. Als hier und da, einer nach dem andern, Personen eilig das Theater verließen, wusste man, dass sie beim deutschen Basar gewesen waren!
Die Aktivitäten des Frauenbundes, vor allem die Basare, sind mit der Zeit an die am 7. Dezember 1952 gegründete deutsche evangelisch-lutherische Gemeinde übergegangen. Vor allem in Bezug auf den Basar geschah dies allmählich, je nach dem wie die alten treuen Kräfte nachließen und vom Kirchenvorstand Basarkomitees ernannt werden mussten. Für den Kirchbau in der Hofmeyrstraat hat der Frauenbund dann noch einmal mit allen Kräften und gewohntem Eifer gesammelt. 1962 wurden R1000 für den geplanten Kirchbau an die Gemeinde überwiesen. In Zukunft würden alle Küchengeräte des Frauenbundes im neuen Gemeindezentrum untergestellt und auch die Versammlungen dort gehalten werden. Schließlich stiftete der Frauenbund auch die Leuchter für den Altar der neuen Kirche.
Frau Aenne Friedlaender und ihre Schwester, Frau Schreiber, die bei ihr wohnte, kehrten 1969 nach Deutschland zurück. Der Frauenbund bestand dann noch bis 1980 und blieb aktiv. Vor allem wegen der veränderten Verhältnisse wurde der Frauenbund schließlich 1980 aufgelöst. Frau Ingrid Friedlaender sorgte dafür, dass dies ordnungsgemäß geschah. Sie lud die Damen zu einem Buffet-Essen am 4. Juni 1980 in ihr Haus in Parkstraat ein. Dort beschloss der Frauenbund, wie von der Verfassung vorgeschrieben: auf einer Außerordentlichen Versammlung, sich aufzulösen. Das verbliebene Vermögen wurde dem St Johannis Heim in Parow übereignet.
Unsere Gemeinde hat dem Frauenbund viel zu verdanken und sollte ihm ein ehrendes Andenken bewahren.